Warum ist es für Digitalexperten megacool Journalismus für überflüssig zu erklären?

aussterbender Journalist

Das an dem Weltzustand generell Zweifelnde “den Journalismus” in eine Reihe mit Cholera und anderen Plagen stellen – geschenkt. Aber auch unter “Digitaljournalisten” ist es trendy und ganz weit vorne, den alten Schrott-Journalismus spätestens jetzt im Zusammenhang mit der Inhalts-Großoffensive von Facebook (Instant Articels) für noch töter als tot zu erklären. “Weg von Bereichen, deren Aufwand hoch und Ertrag gering ist, hin zu Bereichen, in denen die Reichweite klar gegeben ist. Wir kommen einfach keinen Meter voran, wenn wir romantisch den alten Zeiten hinterhertrauern“, schreibt Martin Giesler (sorry, bei wordpress klemmt heute die “Link einfügen”-Funktion: http://www.turi2.de ). Offenbar gibt es Nicht-Medienfachleute, die dem “Journalismus” eine gesellschaftliche Funktion zumessen und Kommunikationsexperten, die dieses ganze romantische Geschreibsel und Gesende für maximal so wertvoll halten wie den Kleinanzeigenmarkt bei ebay. Oder für weniger wertvoll.

Wir sollen hinkommen zu Bereichen, “in denen die Reichweite klar gegeben ist“? KLar! Go for it! Welche Themen fallen einem spontan ein, bei denen die Reichweite ganz sicher “nicht gegeben ist”? Kindersoldaten im Südsudan? Weg damit! Flüchtlinge die im Mittelmeer absaufen? Zu oft gehört, keine Clicks mehr! Video aus einem türkischen Flüchtlingslager? Wer will das denn sehen? Der 20te Finanz-Streit mit dem charmanten griechischen Staatschef? Bloß keine Politik, bringt nie Reichweite!

Journalisten können (endlich) nicht mehr am Interesse der Menschen vorbei arbeiten” – große Erleichterung bei Martin Giesler, Dank Facebook kann in Zukunft ein Reichweitentracking jede Redaktionskonferenz überflüssig machen. Themen, die nicht “laufen”, sind keine Themen. Woowww! Was mich ungemein beruhigt: es gibt ziemlich viele Nicht-Journalisten, die das entschieden anders sehen. Die im Querdenken von Medienprofis keine Bevormundung sehen, die das “Ausgraben” zunächst harmlos erscheinender Geschichten als eine handwerkliche Leistung betrachten und die es schätzen auf Themen aufmerksam zu werden, die durch jedes Reichweitenraster fallen.

Natürlich müssen Medien “Instant Articels” bei facebook ausprobieren, keine Frage. Warum man in deutscher Gründlichkeit aber das eine verteufeln muß um das Neue zu testen bleibt mir schleierhaft.

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