Es ist ja nicht nur das Zusammenlegen von Redaktionen und das unaufhaltsame Verschwinden von immer mehr Journalisten aus ihrem ursprünglichen Beruf: viele der neuen Medienkonsumenten können auch nichts mehr der Frage anfangen, ob denn die gerade weiter getwitterte oder gelikte Information wirklich so zutreffend ist. “Warum, das habe ich aus dem Internet/Facebook/Wikipedia…” ist genauso bedenklich wie die Aussage von dreiviertel aller Journalisten unter 30, die Recherche mit “googeln” gleichsetzen. Dumm nur, wenn die einzig relevante Information zum “recherchierten” Thema von einer Forschungseinrichtung verbreitet wurde, die nicht auf Suchmaschinenoptimierung setzt und deren gehaltvolle Thesen erst auf der Google-“Seite” 27 zu finden sind. Dieses Recherche-Ergebnis trifft nun auf den Konsumenten, der ohnehin nicht fragen würde, ob es noch mehr oder sogar andere Informationen zum Thema geben könnte, denn “es steht ja so im Netz”. Deswegen ist es nur folgerichtig, dass scripted reality bald in die lokale und regionale Printpresse und in Online-Nachrichtenmagazine einzieht.
Scripted Reality bald auch als Lesestoff
Wenn es sowohl dem Leser/Zuschauer/Netz-Nutzer als auch dem Journalisten zunehmend egal ist, ob man nur eine einzige, suchmaschinenoptimierte Variante einer Story verhackstückt oder es möglicherweise noch andere nennenswerte Aspekte gegeben hätte, dann ist die nächste Konsequenz simpel: ob ein “Disco-Unfall” mit den drei Toten und der weinenden, aber unverletzten Oma am Straßenrand tatsächlich stattgefunden hat oder nicht, spielt keine Rolle. Der junge Mann, der heldenhaft einen gehandicapten Passanten vom S-Bahn-Gleis rettet – warum soll sich der Erfindungsgeist nachmittäglicher Trash-Sendungen nicht endlich auch in Regionalzeitungen und Zeitschriften wiederfinden? Für die 5% der hartnäckig Nachfragenden gibts ja noch die “Zeit”.

