Ich bin Nachrichten-abhängig. News-Junkie, Entzug ist fast unmöglich. Das Begann mit meinem ersten Artikel für die Schülerzeitung in der sechsten Klasse und konnte seitdem nicht mehr geheilt werden. Vielleicht kann ich deswegen die Verballhornung, das in den Schmutz kippen des Begriffes “News” so wenig ab. Zumal dieses Kunstwort ausgerechnet von Journalisten benutzt wird um – ja, um was eigentlich zu beschreiben? Das Journalisten dieses Wort benutzen ist vergleichbar mit einem seriösen Autokonstrukteur, der um sich schießende Panzer betrunkener Söldner ebenfalls als Auto bezeichnet, vielleicht als “Mordautos” oder “Töterautos”. Aber es sind keine Autos. So gibt es Nachrichten, es gibt neudeutsch “News”, aber es gibt keine “fake-news“. Es gibt Lügen, bewusste Irreführungen, Fälschungen, Verleudmungen, Rufmord, Hirngespinste, Propaganda, es gibt “fake” – aber es gibt keine fake-“news“.
Journalisten rufmorden ihren ohnehin schwerst beschädigten und wirtschaftlich in eine sehr ungewisse Zukunft schauenden Berufsstand, indem sie “fake-news” zu einer Unterkategorie von Nachrichten, eben von News machen. Gehört irgendwie dazu, diese f-news, suggeriert das Fantasiewort, gehört irgendwie zu dem Bereich “Nachrichten”. Nein. Gehört nicht dazu, nicht einmal als pestartige Wucherung am Muttertier. Aber der Mut fehlt inzwischen.
Die journalistische Arroganz ist in gründlich deutscher Schwarz-Weiß-Denke mit einer Vorwegnahme des hoffentlich nie eintretenden finalen Bedeutungsverlustes der Restpresse Zaghaftigkeit und einem Nicht-Auffallen-Wollen gewichen. Scharf formulierte Positionen könnten UserInnen kosten und letzendlich einen unbeliebten Platz auf der nächsten Liste sichern, mit der die Redaktion noch einmal “gestrafft” und auf die “Kernkompetenzen” fokussiert werden soll. Nicht auffallen, ungenau bleiben, lieber n icht anecken, unangenehme Wahrheiten (für Teile des Publikums) lieber nicht aussprechen, nicht auffschreiben? Auf Facebook werden immer mehr regionale “Communities” still und leise von Menschen übernommen, die viel Zeit haben, Inhalte aus und von Lügenplattformen weiterzuverbreiten. Auch an die letzten Bezieher der Printausgaben lokaler Zeitungen, die darüber eigentlich dringend aufgeklärt werden müssten.
Es ist journalistische Pflicht, die “fake-news” nur als das zu benennen, was sie wirklich sind: Lügen, Propaganda, bewusste Verfälschungen. Aber “news”? Was für eine Aufwertung von Posts und Tweets und Blogs, die vor allem die Aufgabe haben, die wirkliche Nachrichtenwelt unglaubwürdig und verächtlich zu machen! Wenn, immerhin, die Verfasser von solchen Lügen nicht fake-Journalisten genannt werden, dann ist dieser andere Begriff auch überflüssig.
(Wolfgang Zehrt, www.dna-institute.com )