Auch wenn sich aus Marketinggründen der plakative Begriff „Roboterjournalismus“ durchzusetzen scheint, wenn es um das automatische Erzeugen von Texten aus Daten geht, wird dieser dadurch nicht richtiger. Heute lässt sich auch ohne große Probleme eine aufwändige, beeindruckende Holzskulptur von einem entsprechend trainierten Industrie-Roboter schnitzen – aber ist die Software oder der Schnitzroboter deswegen ein Künstler?
Die Software Textcomposer von textomatic, an der Wissenschaftler des Fraunhofer Institutes, der Ruhr-Universität Bochum und eines führenden Wissenschaftsverlages mitarbeiten, kann aus unglaublich komplexen und gewaltigen Datenmengen in weniger als einer Sekunde beliebig lange und beliebig anspruchsvolle Texte formulieren. Was die Software nicht kann: mit menschlichem Einfühlungsvermögen Interviews führen, mit Gespür für Situationen Reportagen verfassen oder bei der Rede eines Politikers feststellen das das, was nicht gesagt wurde, das Interessante ist. Aber genau das ist Journalismus!
Roboterjournalismus ist laut textomatic das Generieren von Medieninhalten auf hohem Niveau, in einer natürlichsprachlichen Fassung. Zugegeben, auch der Begriff Textcomposing, wie ihn der Anbieter textomatic verwendendet, ist ein Kunstbegriff, aber auf jeden Fall besser, als den Journalismus als anspruchsvolles und nur mit menschlicher Kompetenz zu leistendes Handwerk auf eine Ebene mit einer Softwareapplikation zu stellen. Mag diese noch so komplex und leistungsfähig sein. Für diese Entwertung ist die journalistische Kompetenz und Erfahrung bei den textomatic-Machern offenbar zu groß.
Zweifelhaft erscheinen in diesem Zusammenhang auch die lautsprecherischen Ankündigungen von Dienstleistern, die je nach Pressemitteilung den Anteil des “Roboterjournalismus” am Journalismus in 5 Jahren auf 20 oder gerne auch mal 30% schätzen. Bezogen auf die bloße Menge an aktuellen Inhalten aller Art mag dies stimmen, gerade Journalismus aber zeichnet dadurch aus, das er eben nicht beliebig ist.
Es gibt einen weiteren Grund, warum textomatic nicht an dem Wort Roboterjournalismus hängt: es gibt unendlich viel Anwendungsmöglichkeiten für Textcomposing, die weit über das Gebiet der Medieninhalte hinausgehen. So hat das Generieren von Peer Group Vergleichen für eine Bank, die Echtzeit-Erzeugung hochgradig personalisierter Wetterberichte für unterschiedliche Sportarten in vielen Tausend Regionen (Bergsteiger, Seglern, Jogger) oder die Zusammenfassung von weltweiten Schiffsbewegungen wenig mit Medieninhalten im journalistischen Sinne zu tun.
Ein Dienstleister wie textomatic kann für Sie sicher unglaublich viele, spannende Medieninhalte bereitstellen. Aber Journalismus bleibt Reportern, Redakteuren und Korrespondenten vorbehalten.