Irgendwann wird der letzte Chinese einen der diese Woche vorgestellten neuen BMW-SUVs gekauft haben, die alleine durch ihre Hochhaus-Front wirken wie aus der Zeit gefallene Oldtimer-LKW. Aber was kommt nach diesen Zivilisten-Panzern? Dass der Bau von Elektro-Wagen mit deutlich weniger Arbeitskräften zu erledigen ist als nötig sind um Diesel- oder Benziner herzustellen ist inzwischen eine Binsenweisheit.
Der zweite große Industriebereich, der Maschinenbau, hat wie die Automobilindustrie mit schwächelnden Umsätzen zu kämpfen: im Dreimonatsvergleich Juni bis August 2019 lagen die Bestellungen um real acht Prozent unter dem Vorjahreswert. Im August 2019 verbuchten die Maschinenbauer sogar real 17 Prozent weniger Bestellungen als im Vorjahr.
Die Ablösung klassischer Industriebereiche kann funktionieren!
Die russische Digitalwirtschaft wächst und wird vom russischen Staat mit Milliardeninvestitionen in den nächsten Jahren unterstützt. Die Entwicklung von Cloudtechnologien, die Verarbeitung riesiger Datenmengen (Big Data) oder die Entwicklung von Robotertechnik sind dabei nur einige Ziele im nationalen Projekt „Digitale Wirtschaft“, das Präsident Wladimir Putin bis 2024 umsetzen will – mit jährlich 1,4 Milliarden Euro unterstützt. Die Bundesregierung stellt zur Förderung ähnlicher Projekte nicht einmal die Hälfte dieser Summe zur Verfügung. Warum wäre das wichtig?
Es geht nicht darum, Unternehmen mit Steuergeldern bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Erlösquellen zu unterstützen. Paradigmen-Wechseln in der Wirtschaft hat es oft genug gegeben, selbst die Ablösung des Flüssigtreibstoff-Autos durch Stromer beispielsweise wäre der Automobilwirtschaft durchaus alleine zuzumuten. Aber “Künstliche Intelligenz” mit allen daran beteiligten Prozessen betrifft fast alle Industrie – und Dienstleistungsbereiche, es wird kaum Ausnahmen geben. Eine starke europäische Initiative wäre deswegen noch sinnvoller, ist aber kaum vorstellbar.
Das selbstständige Lernen von Maschinen ist von Mittelständlern alleine kaum leistbar, aber wo gibt es die Kompetenzzentren der Bundesländer, wo die staatlich geförderten Trainings- und Qualifizierungscenter, die gemeinsam nutzbaren Plattformen zur Datenverwaltung? Und eine weitere Hürde kommt hinzu, gerade für die extrem exportabhängige deutsche Wirtschaft: wer ein Walzwerk in China von Bochum aus betreuen will, braucht einen Datenzugang zur Walzstraße.
China entwickelt aber mit der Cyber-Gesetzgebung (Cyber Security Law) ein dichtes Regelwerk mit erheblichen Auswirkungen auf den freien Austausch von Maschinendaten. Es betrifft alle Unternehmen, die digital vernetzte Produkte auf dem chinesischen Markt in Verkehr bringen. Negative Auswirkungen sind vielleicht von der Politik zu verhindern, sicher nicht von einzelnen Unternehmen.
Solche “cyberphysischen Systeme” gewinnen enorme Anteile, sie verknüpfen reale mit virtuellen Objekten, also Maschinen mit informationsverarbeitenden Systemen. Durch die systemübergreifende Kommunikation lassen sich Energie- und Prozesskontrolle sowie vorausschauende Wartung realisieren – wenn die Geräte über entsprechende Schnittstellen verfügen (dürfen).
Von wegen der Nachwuchs denkt nicht an künstliche Intelligenz
72 Prozent der deutschen Jugendlichen fühlt sich im Schulunterricht schlecht über Künstliche Intelligenz informiert; mehr als die Hälfte (54 Prozent) kann das Prinzip des Maschinellen Lernens nicht erklären. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Nach dieser schlechten die gute News: 86 Prozent der Jugendlichen wünschen sich, dass das Thema KI und die damit verbundenen Entwicklungen umfangreicher als bisher im Schulunterricht behandelt werden.
Und noch eine gute Nachricht: die Jugendaktion »Mensch, Maschine!« soll genau das ermöglichen: Auf Grundlage eines klassischen Brettspiels können Jugendliche ab 12 Jahren spielerisch erlernen, wie KI und Maschinelles Lernen funktioniert.
Von Irland lernen heisst siegen lernen
Nationen, die weder Auto- noch eine nennenswerte Maschinenbauindustrie haben, tun sich offenbar leichter mit dem nötigen radikalen Umbau. Inzwischen löst ein Euro, denn Irland in KI investiert, 5,30 Euro Umsatz in der Privatwirtschaft aus. Ähnlich wie FinTechs gegenüber traditionellen Banken hat Irland den wortwörtlichen Vorteil, Unternehmenskonzepte auf der grünen Insel neu denken und umsetzen zu können. Beharren auf tradierte Systeme kann sich das kleine Irland kaum leisten.
(Wolfgang Zehrt, dna-institute; Recherche auf www.dna-signal.com )