Dringend benötigt: besser ausgebildete Journalisten

Der aussterbende Profi-Reporter?

Der aussterbende Profi-Reporter?

Es muss mehr gut ausgebildete Journalisten geben

Auf der scoop-Konferenz der dpa vor einigen Wochen in Hamburg machte die Abschlußrunde eines Workshops sprachlos: die im Durchschnitt maximal 30jährigen Journalisten diskutierten lebhaft darüber, wie man “blöde Nutzerkommentare löscht/verhindert/versteckt” oder wie lange man sich Zeit nehmen darf, einen Leserbeitrag freizuschalten. Wenn das die Avantgarde des multimedialen Journalismus war, dann werden die Zeiten noch härter in den Redaktionen: wer mit Leser-/Nutzer/User-Inhalten umgeht wie die Altvorderen in den 50er Jahren mit Leserbriefen hat nichts begriffen. Die Menge an eintreffenden Einschätzungen, Kommentaren und Meinungen zu analysieren, aufzugreifen, zu Themenpaketen zu bündeln und mit eigenen, handwerklich perfekten Inhalten zu flankieren hätte der Ansatz sein müssen – das war kein Thema unter den immerhin 30-40 Hoffnungsträgern der Digitalmedienwelt. Aber aus genau dieser Arbeitsteilung und Kooperation könnte sich eine berechtigte Hoffnung für den Berufsstatus “Hauptberuflicher Hersteller von hochwertigen Inhalten” ableiten, denn…

Weniger Journalisten müssen besser ausgebildet sein

Zur Zeit regiert allerdings die Ideenlosigkeit der Verlage: noch weniger Volontäre (gerne ohne Übernahmechance) müssen zusammen mit immer mehr Praktikanten (voller unbezahlter Hoffnung)  immer mehr Seiten, Blogs und Accounts füllen. SEO ist wichtiger als ein gescheites Interview und eine Klickstrecke der letzten 30 Motoradunfälle erspart den Besuch bei einem nur möglicherweise interessanten Interviewpartner. Austauschbare Inhalte werden nicht nur keinen Abonnementen der noch gedruckten Zeitung halten, dies wird sich genauso auf allen digitalen Kanälen fortsetzen. Die perfekt inszenierte Multimedia-Reportage aber, die das Beste aus allen Mediengattungen kombiniert, wird nie von einem privat bloggenden Freizeitschreiber kommen, wird nie zusammengesetzt werden aus Fragmenten unterschiedlicher User-Zulieferungen.

Warum schreiben noch immer Sportstudenten  über wirtschaftliche Zusammenhänge?

“Das hat sich so ergeben”, “es gab niemand anders”, “irgendwer muss es ja machen” – so enstanden und entstehen in Deutschland sogennannte Fachredakteure. Für die Medienhäuser wäre es vor allem an der Zeit, die noch vorgesehenen Planstellen und Freien-Etats mit den Besten der Besten zu besetzen. Niemand muss wissen wie eine Unternehmensbilanz zu lesen ist, solange er nicht zum Zwecke des Broterwerbes darüber schreibt. Warum soll es noch “Gesundheitsredakteure” geben die nicht Medizin studiert haben? Die einzige Antwort auf den Transformationsprozess der Medien bislang, das unglaublich kreative Schaffen von “Zentralredaktionen” (unter Abbau von mindestens 25% aller Stellen), ist ganz besonders einer Branche unwürdig, die permanent von Anderen (Politikern, Verbänden, Unternehmen) Innovationen und neue Strategien einfordert.

Nur ServusTV reicht nicht

Ich habe Zweifel, ob es selbst aus PR-Sicht wirklich wünschenswert wäre, wenn “Die Zeit” irgendwann als Daimler-Magazin und die letzte Regionalzeitung als multimediale Wunderkiste des örtlichen Heizkraftwerkes erscheint. Unternehmen werden in Zukunft wesentlich mehr hochwertige Inhalte erstellen, aber das wird kein Ersatz für wegsterbende Medienklassiker, denen man, wenn auch manchmal zu Unrecht, eine gewisse Neutralität zusprechen kann. Spannende Inhalte aus und um Unternehmen, gezielte redaktionelle Kooperationen mit den Millionen von Reportern “da draussen” und hochwertigster Multimediajournalismus von extrem motivierten und abgesicherten Redakteuren – das wäre doch eine Mischung!

 

 

 

 

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *